Liebe Freundinnen und Freunde
Liebe Unterstützende und Interessierte
Drei Wochen intensive Parlamentsarbeit in Bern sind vorbei. Eines ist klar: Es zeichnet sich kein politischer Frühling ab – die Kräfteverhältnisse sind, wie sie sind. Der grosse Brocken der Frühlingssession war sicher die grosse Debatte über die Sicherung der Stromversorgung mit erneuerbaren Energien. Dieses Geschäft ist sehr komplex – und es ist zu befürchten, dass es zu einem erneuten Referendum von rechts kommt. Weitere wichtige Themen waren die Finanzierung der Kinderbetreuung, die Reform der Pensionskassen, der Teuerungsausgleich bei der AHV und die Aussenpolitik, Stichworte hier Zusammenarbeit mit der EU und Unterstützung der Ukraine.
Gerne möchte ich Euch darlegen, was mir in dieser Zeit wichtig war. Es sind so viele Themen und so viele wichtige Anliegen, die wir als Parlament in einer Session bearbeiten und diskutieren, dass ich mich heute auf zwei, mir wichtige Aspekte beschränke:
Und noch etwas: Letzte Woche traf ich eine Schulklasse aus Basel, die auf einer Führung durch das Bundeshaus waren. Die Schülerinnen und Schüler haben mich mit ihren erfrischend direkten Fragen «gelöchert»: Wie wird man Nationalrat? Was muss man dafür Spezielles tun? Wer war ihr grösster Unterstützer in der Politik? Haben sie als Politiker auch ein Privatleben? Da wurde mir wieder einmal sehr bewusst, welches Privileg es ist, ein Mandat als Nationalrat ausüben zu dürfen. Ich bin sehr dankbar dafür. Kann ich damit einen Beitrag zu einer besseren Welt leisten? Ich hoffe es, denke gleichzeitig aber auch an die vielen, vielen Menschen, die sich tagtäglich ehrenamtlich, ohne irgendein Mandat, für eine bessere Welt einsetzen – im Kleinen wie im Grossen. Sie sind es, die Anerkennung und Wertschätzung verdienen!
Ich grüsse Euch herzlich und wünsche Euch schöne Frühlingstage
Mustafa Atici
Das furchtbare Erdbeben in der Türkei und Syrien beschäftigt mich immer noch intensiv. Ich versuche den Menschen in meinem weiteren Umfeld beizustehen und sie zu unterstützen, so gut ich kann. Trauerfeiern, Hilfsaktionen, Visumsanträge, Umgang mit Behörden. Noch nie ist mir die Not und das Leid der Menschen so nahe gegangen, und zum ersten Mal spüre ich auch, wie die starken Gefühle mich auch müde machen können.
Energie gibt mir, wenn ich wieder spüre, wie stark die Kraft der Solidarität ist – respektive die Kraft der organisierten Solidarität. Besonders die Gespräche mit dem Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe und dem Redog Rettungsteams, die schon am zweiten Tag in der Erdbebenregion waren, haben mich beeindruckt. Sie helfen mir dabei, eine Perspektive zu entwickeln, wie es mit der Hilfe weiter gehen könnte.
Die UNO schätzt, dass der Wiederaufbau der versehrten Gebiete über 100 Milliarden Dollar kosten wird. In der Türkei sind bald Wahlen, die wirtschaftliche und soziale Lage ist im ganzen Land desolat. In den betroffenen syrischen Gebieten ist die Lage noch viel schwieriger. Die humanitäre Hilfe, der Wiederaufbau und die Erforschung der Verantwortlichkeiten für das gewaltige Ausmass der Schäden bewegt sich in der Türkei wie auch in Syrien in einem hochpolitischen Umfeld.
Es findet ein unerbittlicher Kampf um die Deutungshoheit des Geschehenen und um die Instrumentalisierung jeder Form von Hilfeleistung für die eigenen politischen Zwecke statt. Jede Form von Hilfe von aussen muss sich deshalb besonders intensiv mit der Achtung des «Do no Harm»-Prinzips («richte keinen Schaden an») auseinandersetzen, um mögliche negative Folgen der Hilfeleistungen frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. In einer Interpellation fordere ich deshalb, dass die Schweiz ihre Hilfe verstärkt, aber gleichzeitig noch viel sorgfältiger vorgeht, damit die Hilfe nicht missbraucht wird und kontraproduktive Wirkung entfaltetet.
Dabei ist die Auswahl der lokalen Kooperationspartner entscheidend, und die Frage, wie grösstmögliche Distanz zu den hoch korrupten, die Gesellschaft spaltenden und hoch repressiven Zentralregierungen gefunden werden kann. Mit einer parlamentarischen Gruppe und einer Vertretung von Solidar Suisse werden wir vom 24. bis 28. März vor Ort sein und versuchen, uns ein realistisches Bild zu machen. Diese Beobachtungen sollen helfen, die Hilfe aus der Schweiz für den Wiederaufbau zu verstärken und in die richtigen Bahnen zu lenken.
Weiterbildungen zur Förderung von Grundkompetenzen verdoppeln
Die «Förderung von Grundkompetenzen bei Erwachsenen» ist entscheidend, damit Arbeitnehmende in einem dynamischen Umfeld mithalten können. Das ist soweit unbestritten – nur entfalten die entsprechenden Massnahmen wenig Wirkung. Mit einer Motion möchte ich nun erreichen, dass die Zahl der Teilnehmenden in den entsprechenden Angeboten verdoppelt werden kann..
Weiterbildungsoffensive für Erwachsene mit tiefem Bildungsstand
Die Schweiz verfügt über eine Vielzahl an Instrumenten, um die Weiterbildung zu fördern. Nur greifen diese Mittel nicht, da es bisher am politischen Willen fehlte. Ich rege nun einen «Nationalen Aktionsplan» an, der endlich die Weiterbildungsteilnahme von Erwachsenen mit tiefem Bildungsstand, prekärem Arbeitsmarktstatus und niedriger beruflicher Stellung konkret vorwärtsbringt.
Titelbezeichnungen für die höhere Berufsbildung aufwerten
Die Berufsbildung spielt im Schweizer Fachkräftemangel eine Schlüsselrolle. Ich setze mich dafür ein, dass das Ansehen der Berufsbildung (insbesondere gegenüber den akademischen Bildungswegen) nachhaltig gestärkt wird. Dabei spielen die Bezeichnungen der Abschlüsse eine nicht unwesentliche Rolle.
Ausbildungsbeiträge und Stipendienwesen ausbauen
Das Schweizer Stipendienwesen entfaltet wenig Wirkung – vor allem dort wo Unterstützung besonders gefragt wäre. Mein Postulat fordert, dass das Volumen der Ausbildungsbeiträge verdoppelt wird, und dass sie in Zukunft mehr im Sinne der Chancengleichheit eingesetzt werden.
Diskriminierung von Migrant:innen auf dem Wohnungsmarkt bekämpfen
Mit dieser Interpellation möchte ich, dass der Bundesrat eine gut dokumentierte Realität explizit bestätigt: Migrant:innen, insbesondere aus dem Balkan und der Türkei, erleben auf dem Wohnungsmarkt eine eindeutige und strukturelle Diskriminierung. Dies ist wichtig, da zur Zeit die SVP in diesem Wahljahr versucht, die Situation ins Gegenteil zu verdrehen, und den Migrant:innen die Schuld für die Misere auf dem Wohnungsmarkt in die Schuhe zu schieben.
Der «Blick» berichtet über mein Anliegen.
Newsletter zum 18. März 2023